Ressilienz - innere Stabilität und Widerstandskraft

Ob im Beruf oder im Privatleben, regelmäßig müssen kleinere oder größere Krisen bewältigt werden. Dabei optimistisch gelassen und zielorientiert zu bleiben hat u.a. mit der sogenannten Resilienzfähigkeit zu tun.

 

Resilienz bedeutet eine psychische Widerstandsfähigkeit gegenüber Stress, Krisen, Veränderungen oder Krankheit. Resiliente Menschen haben sozusagen ein intaktes „geistiges bzw-. seelisches Immunsystem“. Die Psychologieprofessorin Emmy Werner beschreibt Resilienz als die Fähigkeit, zerrüttenden Herausforderungen des Lebens standzuhalten und aus diesen Erfahrungen gestärkt und bereichert hervorzugehen.

 

 Das lateinische Wort „resiliere“ bedeutet übersetzt so viel wie „zurückspringen“. In der Physik wird damit die Fähigkeit eines Stoffs beschrieben, nach einer Verformung durch Druck -oder Zugeinwirkung wieder in seinen Normalzustand, in seine alte Form, zurückzukehren. Es veranschaulicht damit die Fertigkeit eines Systems, von außen und von innen kommende Irritationen auszugleichen oder ertragen zu können, ohne dabei kaputtzugehen. Übertragen auf den Menschen bedeutet dies, dass resiliente Menschen in der Lage sind, nach einer starken seelischen Belastung wieder in ihren „Normalzustand“ zurückzukehren. Das Bild, welches wir häufig damit verbinden ist das eines Stehaufmännchens.

 

Die sog. Resilienzforschung als Teilbereich der Positiven Psychologie beschäftigt sich mit den Faktoren, die diese innere Widerstandskraft unterstützen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Forschungsergebnisse, die darauf hinweisen, dass Stehauf-Menschen über vielseitige kreative Fähigkeiten und Fertigkeiten verfügen. Dank ihrer Kreativität  entwickeln  sie neue und ungewöhnliche Lösungswege, um auch in anscheinend ausweglosen Lebenssituationen wieder lebens- und überlebensfähig zu werden.

 

Ergebnisse der Resilienzforschung

Emmy Werner (University of California) war die erste Forscherin, die das seelische Immunsystem von Kindern in einer Langzeitstudie untersuchte: Mit Ihrem Team aus Kinderärzten, Psychologen, sowie Mitarbeitern des Gesundheits- und Sozialdienstes, studierte sie den Einfluss einer Vielzahl von biologischen und psychosozialen Risikofaktoren auf die Entwicklung von 698 Kindern, die 1955 auf der Insel Kauai (Hawaii) geboren wurden. Dazu gehörten u.a. die wirtschaftliche Notlage der Eltern, psychische Krankheit und Alkoholismus der Eltern, Missbrauch und Vernachlässigung der Kinder sowie Komplikationen bei der Geburt. Diese Kinder waren häufig mehreren Risiken ausgesetzt, was ihre Verwundbarkeit erhöhte.

 

Zwei Drittel aller Kinder und Jugendlichen, die in den Längsschnittstudien untersucht wurden, blieb der Zugang in ein erfolgreiches Leben vorerst verschlossen. Sie hatten Schul- und Drogenprobleme, zeigten massive  Lern- und Verhaltensprobleme (sie wurden z.B. äußerst aggressiv) und wurden bis zum Alter von 18 Jahren straffällig und/oder psychisch krank.

 

Doch ein Drittel dieser Risikokinder entwickelten bestimmte Eigenschaften und Strategien, die es ihnen erlaubten, nicht an den Umständen zu zerbrechen, sondern daran zu wachsen. Sie entwickelten sich zu kompetenten, selbstbewussten und fürsorglichen Erwachsenen, zeigten als Kinder oder als Jugendliche keine Lernschwierigkeiten oder Verhaltensdefizite. Sie schlossen die Schule erfolgreich ab, kamen mit ihrem privaten und gesellschaftlichen Leben gut zurecht und schätzten ihre schulischen und beruflichen Ziele und Erwartungen realistisch ein. Im Alter von 40 Jahren war keines dieser Risikokinder arbeitslos oder auf staatliche Fürsorge angewiesen und keines war mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Scheidungsrate, Sterblichkeitsrate und die Anzahl chronischer Gesundheitsprobleme lagen bei den Stehauf-Menschen im mittleren Lebensalter signifikant niedriger als bei den gleichaltrigen Personen gleichen Geschlechts. Außerdem waren ihre Leistungen im schulischen und beruflichen Bereich  denjenigen gegenüber, die in einem ökonomisch sichereren und stabileren häuslichen Umfeld  aufgewachsen waren, vergleichbar oder sogar überlegen.

 

Die grundlegende Erkenntnis aus dieser Studie ist, dass ungünstige (Start-) Voraussetzungen nicht zwingend zu Elend und Misserfolg führen müssen.

Emmy Werner gelang es, verschiedene Faktoren zu identifizieren, die diese Kinder bzw. Erwachsenen von den anderen zwei Dritteln unterschieden.

Es waren zum einen günstige Charaktereigenschaften, über die die Kinder selbst verfügten. Sie wurden als gutmütig, liebevoll und ausgeglichen beschrieben. Außerdem waren sie kommunikativ, wenig ängstlich, konnten Umstände reflektieren und sich ein eigenes Bild machen. Sie besaßen gute Problemlösefähigkeiten und konnten Dinge realistisch einschätzen.

Weiterhin gab es psychische Schutzfaktoren in ihrem Umfeld, welche die negativen Auswirkungen der widriger Umstände abmildernden: Sie fanden Halt in einer stabilen emotionalen Beziehung zu Vertrauenspersonen neben bzw. anstelle der Eltern, wie z.B. Großeltern, ein Nachbar, Freunde, ein Lieblingslehrer, der Pfarrer oder auch Geschwister.

 

Was gibt uns innere Stärke?

  • Optimismus

Beinhaltet die Überzeugung, dass sich nach schwierigen Zeiten die Dinge auch wieder zum Positiven wenden werden, dass es immer „ein Licht am Ende des Tunnels“ gibt. Dazu gehört auch, dass auch aus einer Krise in der Zukunft noch etwas Gutes entstehen kann Diese Haltung verleugnet nicht die Realität von schwierigen Phasen im Leben.

 

  • Akzeptanz

Resiliente Menschen akzeptieren Veränderungen, statt dagegen anzukämpfen. Ihnen ist bewusst, dass zu jeder Krise auch unangenehme Gefühle wie Ärger, Wut oder Trauer gehören.

 

  • Emotionssteuerung

Jeder kennt Situationen, in denen er, in der Regel unbewusst, seine Emotionen und die dazugehörigen Impulse steuert. Könnten wir diese Impulse nicht steuern, würden wir wie kleine Kinder regelmäßig unseren Emotionen freien Lauf lassen: Weinen, Wutausbrüche, … Wir wären folglich nicht in der Lage unseren Job auszuüben oder mit anderen Menschen in einer Gesellschaft zu leben.

 

  • Lösungsorientierung

Wer seine Probleme lösen will, sollte sein Denken und Handeln stets nach vorne ausrichten. Wer sich immer nur wieder fragt „Warum musste mir das passieren?“, denkt nur rückwärtsgerichtet und wird schwerlich eine Antwort finden. Wie Einstein schon sagte: „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“ „Problem space is not solution space“

 

  • Verlassen der Opferrolle

„Warum ich?“, „Niemals mehr werde ich…“, „Ich kann nicht…“ – Solche und ähnliche Gedanken erzeugen Ohnmachtsgefühle in uns und häufig ein unbewusstes Warten auf den großen Retter unseres Lebens (ein neuer Mensch, Gott…). Resiliente Menschen betrachten sich nicht als Opfer der Umstände, sondern versuchen – in realistischer Einschätzung ihrer Möglichkeiten – ihr Leben neu zu gestalten.

Sie übernehmen die Verantwortung für das eigene Leben. Dazu gehört natürlich auch, dass die Konsequenzen für das eigene Tun übernommen werden.

 

  • Netzwerke aufbauen

Auffallend ist, dass resiliente Menschen in den meisten Fällen ein großes soziales Netzwerk haben. Sie haben immer jemanden, der ihnen zuhört und ihnen dabei behilflich ist, eine Lösung für die unterschiedlichsten Probleme zu finden.

 

Resilienz ist eine Veranlagung, die von Mensch zu Mensch unterschiedlich stark ausgeprägt ist und aktiv angestoßen sowie gestärkt werden kann. So wie wir unser körpereigenes Immunsystem stärken können, so lassen sich auch die einzelnen Resilienzfaktoren bewusst kräftigen.

Jeder Mensch, der sich dazu entscheidet, sich selbst besser kennenzulernen und dadurch seine Selbstwirksamkeit systematisch erweitert, kann ungeheure Entwicklungsschritte machen.